31. März 2020
Anspruch auf Entschädigung nach Geschäfts- und Unternehmensschließungen nach § 65 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
Mit einer Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 haben zwei Bayerische Staatsministerien für den Zeitraum vom 16.03.2020 bis vorläufig 19.04.2020 sämtliche Veranstaltungen und Versammlungen sowie den Betrieb von Einrichtungen der Freizeitgestaltung untersagt. Betroffen davon sind Kinos, Tagungs- und Veranstaltungsräume, Clubs, Bars und Diskotheken, Spielhallen, Theater, Vereinsräume, Bordellbetriebe, Fitness-Studios, Wellness-Zentren, Tanzschulen, Vergnügungsstätten, Musikschulen und Jugendhäuser. Gleiches gilt seit Kurzem auch für Gastronomiebetriebe.
Privaten Unternehmen steht eine Entschädigung durch die Behörde zu, wenn sie aufgrund der Corona Pandemie geschlossen werden müssen. Die Schließung ist eine Maßnahme der Infektionsverhütung i. S. von §§ 16 und 17 IfSG und nach dem Willen des Gesetzgebers entschädigungspflichtig und zwar nach § 65 IfSG
Die geltenden Gesetze sehen Entschädigungs- und Erstattungsansprüche für diese selbständigen Unternehmer vor, nämlich entsprechend dem eintretenden Vermögensnachteil:
- Entschädigung für Verdienstausfall
- Erstattung von Aufwendungen für soziale Sicherung
- Erstattung von weiterlaufenden, nicht gedeckten betrieblichen Aufwendungen
- Kurzarbeitergeld bei Arbeitsausfällen
Durch Tätigkeitsuntersagung und Ausbleiben von Zahlungen von Kunden kann eine Existenzgefährdung (siehe § 56 Abs. 4 IfSG) quasi über Nacht eintreten.
Entschädigungs- und Erstattungsansprüche nach § 65 IfSG
Nach § 65 IfSG ist für die betroffenen Unternehmer ein Entschädigungsanspruch vorgesehen, der den von den behördlichen Anordnungen betroffenen Unternehmen jedenfalls einen Ersatz für ihre wirtschaftlichen Einbußen gewähren soll. Danach gilt, dass wer aufgrund des IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird, von staatlicher Seite entschädigt wird.
Unsere Kanzlei vertritt Unternehmer bei der Geltendmachung von
- Entschädigung für Verdienstausfall
- Erstattung von Aufwendungen für soziale Sicherung
- Erstattung von weiterlaufenden, nicht gedeckten betrieblichen Aufwendungen
- Kurzarbeitergeld
Es ist, nachdem von Gesetzes wegen der eingetretene Vermögensverlust entschädigt werden soll, höchst fraglich, ob die Behörde verlangen darf, dass zunächst vorhandene liquide Mittel eingesetzt werden müssen. Hier können wir Sie beraten.
Wenn Sie uns beauftragen wollen, können Sie uns jederzeit anrufen oder mailen und bereiten Sie bitte folgende Unterlagen vor:
- Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten Jahreseinkommens
- (Einkommensteuerbescheid)
- Nachweis, dass während des Tätigkeitsverbots keine Arbeitsunfähigkeit vorlag (z.B.
Bescheinigung der Krankenkasse)
falls Sie Verdienstausfall geltend machen müssen
- Nachweis über Ihre Beiträge zur Kranken- und Pflege-, sowie Sozialversicherung
falls Sie Aufwendungen für soziale Sicherung geltend machen müssen.
- die letzten zwei BWA (betriebswirtschaftliche Auswertungen)
- Auflistung der weiterlaufenden, nicht gedeckten Betriebsausgaben
- Darstellung des entgangenen Gewinns pro Monat und Betriebsstätte
falls Sie Ansprüche auf Erstattung weiterlaufender, nicht gedeckter betrieblichen Aufwendungen geltend machen müssen
- Angaben zu Ihrem Betrieb (Bezeichnung, Ansprechpartner, Ansprechpartner für Lohnabrechnung, etc.)
- Zeitraum der geplanten Arbeitsreduzierung
- Angaben zur Arbeitszeit
- Angaben zum Betrieb
- Angaben zum Arbeitsausfall (insbesondere Begründung, auf welchen Gründen der Arbeitsausfall beruht, z.B. Ausbleiben von Kunden)
falls Sie Kurzarbeitergeld geltend machen müssen. Die im Einzelnen benötigten Angaben können Sie den Formularen der Arbeitsagentur sowie dem Merkblatt für Arbeitgeber zum Kurzarbeitergeld entnehmen, welche Sie hier herunterladen können.
Das Folgende dient zur Erläuterung:
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlt das Unternehmen in den ersten sechs Wochen die Entschädigung aus. Das Unternehmen hat gegenüber dem Land einen Erstattungsanspruch (§ 65 IFSG). Dieser Entschädigungsanspruch geht (nach herrschender Meinung) auch den Entgeltfortzahlungsansprüchen nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) vor. Nicht die Erkrankung ist der Grund des „Nicht-Arbeitens", sondern die behördliche Anordnung, die zur Entschädigungspflicht des Staates führt.
Für Selbständige gilt: Kommt es für sie zu einer Existenzgefährdung, dann können sie auf Antrag Entschädigung für Verdienstausfall (§ 65 IfSG), Erstattung von Kosten der sozialen Sicherung (§ 58 IfSG) sowie im Falle der Existenzgefährdung in angemessenem Umfang die Erstattung von weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben (§ 65 IFSG).
Bei einer Existenzgefährdung können den entschädigungsberechtigten Unternehmern auch die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang erstattet werden.
Antragsfristen sind strikt zu beachten:
Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.
Die Anträge sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Einstellung der behördlich verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung bei der zuständigen Behörde zu stellen.
Dem Antrag ist von Arbeitnehmern eine Bescheinigung des Arbeitgebers und von den in Heimarbeit Beschäftigten eine Bescheinigung des Auftraggebers über die Höhe des in dem für sie maßgeblichen Zeitraum verdienten Arbeitsentgelts und der gesetzlichen Abzüge, von Selbständigen eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Arbeitseinkommens beizufügen.
Klage vor den Zivilgerichten, falls die Behörde nicht leistet:
Zahlt die Behörde keine Entschädigung muss gem. § 68 Abs. 1 IfSG Klage vor den Zivilgerichten erhoben werden