22. Dezember 2016

Antragstellung auf glücksspielrechtliche Erlaubnisse für Mehrfachspielhallen in Bayern

Am 16.12.2016 wurden die Anwendungshinweise des Bayerischen Innenministeriums für die Gewährung von Befreiungen vom Verbot von Mehrfachkonzessionen nach der Härtefallregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 Erster GlüÄndStV bekannt gegeben. Diese Anwendungshinweise sind erklärungsbedürftig. Da Spielhallenbetreiber für den Weiterbetrieb ihrer Spielhallen (in Form der Mehrfachkonzession) eine Befreiung vom Verbot des § 29 Abs. 4 Satz 4 Erster GlüÄndStV benötigen, müssen sie als erste Voraussetzung den Fall einer unbilligen Härte im Einzelfall nachweisen.  Nur wenn diese erste Voraussetzung erfüllt wird, gelangt die Behörde überhaupt erst zu der weiteren Prüfung, ob eine Befreiung erteilt werden kann.  Wird die unbillige Härte nicht nachgewiesen, scheidet eine Befreiung aus und es bleibt beim Verbot der Mehrfachkonzession.Wird die unbillige Härte nachgewiesen, dann entscheidet die Behörde im Rahmen des (gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren) Ermessens, ob sie eine Befreiung erteilen kann. Hierzu hat das Innenministerium die ermessensleitenden Vorgaben vom 16.12.2016 herausgegeben.

Hinweis: Es hat sich herumgesprochen, dass einige Kreisverwaltungsbehörden (z. B. Stadt Augsburg) eigene ermessensleitende Bestimmungen anwenden wollen.

Übereinstimmung von Räumlichkeit und Erlaubnis nach § 33 i GewO
Vor der Einreichung des Antrags auf glücksspielrechtliche Erlaubnis muss sich der Spielhallenbetreiber sorgfältig vergewissern, dass seine Spielhallen noch die Grundrisse aufweisen, welche der Genehmigung nach § 33 i GewO zugrunde gelegt wurden. Wurden zwischenzeitlich Einbauten vorgenommen, welche die Nettonutzfläche verändert haben (Vergrößerung, Verkleinerung, Veränderung), dann könnte die Spielhallenkonzession nach § 33 i GewO bereits weggefallen sein. 

Zum Nachweis der unbilligen Härte im Einzelfall
Es gilt, dass vor dem Stichtag 28.10.2011 getätigte Investitionen sowie davor abgeschlossene Miet- und Pachtverträge günstiger beurteilt werden als bei späterem Zustandekommen.

Folgende beispielhafte Aspekte einer unbilligen Härte - je nachdem ob der Betreiber Einzelunternehmer oder eine juristische Person ist -  sollten vom Steuerberater fundiert ermittelt und der Behörde im Antrag vorgetragen werden. Es gilt dabei, möglichst viele Einzelheiten und Zusammenhänge vorzutragen, wie nachfolgend beispielhaft gelistet:

  • Altersvorsorge des Einzelunternehmers bzw. des Gesellschafters
  • Darlegungen, ob der Einzelnehmer (im Alter) noch eine andere Tätigkeit aufnehmen könnte
  • wirtschaftliche Neuorientierung aufgrund Alters noch/nicht mehr möglich
  • monatliche laufende Verpflichtungen aus betrieblichen/privaten Gründen
  • Sicherstellung/Gefährdung des Unterhalts für Familie und Kinder
  • Zukunftssicherung für Familie und Kinder
  • private Konsequenzen aus Schließungen mit Wegfall von Einkommen
  • regionale Situation auf dem Spielhallenmarkt macht es ggfs. schwierig macht, schon aufgrund der Abstandsregelung, eine neue Spielhalle an einem anderen Standort zu eröffnen;
  • ist ein Ausweichen auf andere Spielhallenstandorte realistisch/unmöglich
  • Darlegung der finanziellen Verhältnisse des Betriebes mit bzw. ohne Schließungen
  • betriebswirtschaftliche Darlegungen, welche betriebswirtschaftlichen Konsequenzen die Schließung von einer oder mehreren Spielhallen im betrieblichen Verbund haben würde
  • bestehende betriebswirtschaftliche Querfinanzierungen 
  • Auswirkungen von Schließungen auf ggfs. privaten Schuldendienst für Betriebsanlagen
  • die vor dem 28.10.2011 getätigten Investitionen, sind von großem Gewicht
  • Darstellung des Schuldenstandes und der Abschreibungen
  • ähnliches gilt für Miet- und Pachtverträge, die vor dem 28.10.2011 abgeschlossen oder verlängert wurden
  • bei nach dem 28.10.2011 erfolgten Investitionen bzw. abgeschlossenen/verlängerten Mietverträgen könnte eine Rolle spielen, dass die Ausführungsbestimmungen erst jetzt bekannt gemacht wurden
  • Nachweise durch Erklärung der Vermieter, ob bzw. dass kein Einverständnis mit kürzeren Vertragslaufzeiten bzw. mit Herausnahme von Miet-/Pachtflächen aus dem Vertrag besteht
  • bei Miet-/Pachtvertrag über eine Gesamtfläche fallen aus Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit bei Schließungen ggfs. andere Spielhallen mit aus
  • Schließungen von Spielhallen bei Miete/Pacht von Gesamtflächen bedingen weniger Einnahmen bei gleich hohen Kosten
  • Wegfall von Spielhallen führt im betriebswirtschaftlichen Verbund zu diversen finanziellen Problemen, z. B. bei Kreditfinanzierung eines Betriebsgebäudes
  • wirtschaftliche Betrachtung der Konsequenzen der Schließung einer oder mehrerer Spielhallen für den Gesamtbetrieb 
  • ggfs. bestehendes Insolvenzrisiko
  • bei juristischen Personen (GmbH) beachte die persönliche Haftung des Gesellschafters
  • Kauf von Firmenwagen u. a. 
  • eigene Investitionen in gemietete / gepachtete betriebliche Räumlichkeiten
  • Kosten von Zertifizierungen und andere Kosten als „Investitionen in die betriebliche Zukunft“
  • Situation von Arbeitnehmern, die schon langfristig im Betrieb arbeiten
  • Situation älterer Arbeitnehmer und deren Möglichkeiten, andere Stellen zu finden
  • Frage, ob die zu kündigenden Arbeitnehmer noch anderweitig vermittelbar sind
  • wie viele und welche Arbeitnehmer verlieren ihren Arbeitsplatz, sowie deren familiäre Situation
  • besondere Schutzwürdigkeit bestimmter Mitarbeiter (Behinderung/andere Gründe)
  • finanzielle Leistungen (Gewerbesteuer) gegenüber der Gemeinde, wenn Gemeinde zugleich die Kreisverwaltungsbehörde ist
  • ggfs. finanzielle Interesse der Standortgemeinde am Weiterbestand der Spielhallen
Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da jede betriebliche Situation anders sein kann. Sie soll dem Steuerberater Hinweise geben, welche betriebswirtschaftlichen Betrachtungen bei unterstellter Schließung von Spielhallen sachdienlich sein können, eine unbillige Härte im konkreten Einzelfall zu begründen. Der Steuerberater wird noch andere Argumente und Zusammenhänge feststellen können. Antragsteller sollten möglichst viele Argumente und Zusammenhänge vortragen lassen und dabei nach dem gesunden Menschenverstand vorgehen.

Das Vorliegen einer unbilligen Härte an sich ist gerichtlich voll überprüfbar; sodass sich der Aufwand für eine genaue, nachprüfbare wirtschaftliche Betrachtung lohnt. So kann das Verwaltungsgericht die unbillige Härte feststellen und die Behörde korrigieren. Bei der sich anschließenden Ermessensentscheidung der Behörde über die Erteilung der Befreiung ist das nur sehr eingeschränkt möglich, beispielsweise bei groben Verstößen der Behörde gegen Denkgesetze.

Ermessensentscheidung der Behörde
Die im zweiten Schritt erfolgende Ermessenprüfung durch die Behörde ist - wie gesagt - gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbar. Um den Antragstellern größtmögliche Rechtssicherheit zu geben, hat das Innenministerium ermessensleitende Vorgaben für die Behörden getroffen. Diese Vorgaben zielen darauf ab, die Gefährlichkeit von Mehrfachkonzessionen durch qualitative oder durch quantitative Maßnahmen oder durch einen Mix von beidem zu reduzieren. 

Der Antragsteller hat bei gegebenem Härtefall grundsätzlich folgende Wahlmöglichkeiten

1.) Gefährdungsreduzierung durch ausschließlich quantitative Maßnahmen; das ist ein Abbau von Geräten - einem von Ihnen vorzulegenden Anpassungskonzept folgend - auf letztlich 12 Geräte am Standort zum Stichtag 30.06.2021 

2.) Gefährdungsreduzierung durch ausschließlich qualitative Maßnahmen, das sind
  1. Verlängerung der Sperrzeit auf mindestens 6 Stunden
  2. Möglichkeiten zur Selbstsperre auf Antrag des Spielers (Hausverbotsregelung)
  3. Betreuung der Spieler durch psychologisch geschulte Spielerschutzbeauftragte oder sämtliche Mitarbeiter nach externer Schulung entsprechend dem Sozialkonzept sowie durch beauftragte Testkäufe zur Mitarbeiterkontrolle
  4. Zutrittsverbot für Personen unter 21 Jahren
3.) Gefährdungsreduzierung durch einen Mix von quantitativen und qualitativen Maßnahmen (wobei mindestens zwei qualitative Maßnahmen im Paket enthalten sein müssen.
Im Vollzug folgt dann die Beachtung der vorgeschlagenen/beantragten und genehmigten Maßnahmen durch eine unabhängige Prüforganisation (Zertifizierung). Die Zertifizierung ist keine Maßnahme zur Gefährdungsreduzierung, sondern eine vollzugsbegleitende Beaufsichtigung. Die Zertifizierung wird als Auflage im Genehmigungsbescheid angeordnet.

Termin zur Antragstellung
Anträge nach § 29 Abs. 4 Satz 4 Erster GlüStV i. V. m. Art. 12 AGGlüStV sind für jede einzelne Spielhalle zu stellen. Die Antragstellung sollte möglichst kurzfristig, jedenfalls aber spätestens im Februar 2017 erfolgen. Die Antragstellung sollte ausdrücklich auf unbefristete Zeit abstellen. Bei der Antragstellung ist auch eine Priorisierung vorzunehmen (also der Behörde vorzugeben, welche Spielhalle(n) geschlossen werden soll(en), falls dies notwendig sein sollte).

Erforderliche Unterlagen
Wenn Sie wünschen, dass ich die entsprechenden Anträge für Sie bei der Kreisverwaltungsbehörde einreichen und begründen soll, dann benötige ich so kurzfristig als irgend möglich:eine unterzeichnete Vollmacht 


  • das unterzeichnete Formular mit den persönlichen Angaben
  • ggfs. das Internet gestellte, ausgefüllte Antragsformular der Kreisverwaltungsbehörde
  • einen Leitz-Ordner mit den Unterlagen (gemäß der nachfolgenden Liste)
  • die betriebswirtschaftlichen Betrachtungen Ihres Steuerberaters, am besten in Form eines Gutachtens 
Ich werde dann umgehend die Anträge für jede einzelne Spielhalle formulieren und die Anträge im Hinblick auf die der erforderlichen Angaben zur unbilligen Härte und die von Ihnen beantragten quantitativen und/oder qualitativen Maßnahmen zur Befreiung nach der Härtefallregelung mit Ihnen durchsprechen.

Hinweis zum Unterrichtungsnachweis von der IHK gem. §§ 10 a und 10 b SpielV, wenn der Betreiber selbst Automatenaufsteller ist:
Dieser Nachweis ist von Gewerbetreibenden für jede Neuanmeldung eines Gewerbes ab dem 01.09.2013 zu fordern. Für vor dem 01.09.2013 angemeldete Gewerbe besteht Bestandsschutz

Notwendige Unterlagen zum Antrag auf Erteilung einer Befreiung vom Verbot des Art. 9 Abs. 2 AGGlüStV und/oder einer Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV

  • Vollmacht 
  • Kopie der Baugenehmigung mit Lageplänen / Grundriss der Spielhalle
  • Kopie der spielrechtlichen Erlaubnis nach § 33 i GewO mit Grundriss der Spielhalle
  • Kopie der Geeignetheitsbestätigung des Aufstellungsortes nach § 33 c Abs. 3 GewO 
  • Kopie der Erlaubnis (Aufstellererlaubnis) nach § 33 c Abs. 1 GewO, bzw. Mitteilung von Name und Anschrift des Aufstellers
  • IHK-Bescheinigung über die Unterrichtung für Aufsteller 
  • Kopie der Gewerbeanmeldung 
  • Kopie des Miet-/Pachtvertrags 
  • Kopie über Ausübung der Verlängerungsoption 
  • Dienstanweisung Jugendschutz
  • Dienstanweisung Zugangsbeschränkung für Personen unter 21 Jahren
  • Unterlassungserklärung, dass in der Spielhalle kein Glücksspiel im Internet angeboten und/oder vermittelt wird 
  • Werbekonzept mit aktuellen Fotos der Gebäudefassade 
  • Sozialkonzept 
  • Musterbericht zur Umsetzung des Sozialkonzepts 
  • Informationskonzept, Info-Broschüren 
  • Aufklärung zu Suchtgefahren (Flyer) 
  • Kopie des Personalausweises
  • Bescheinigung über beantragtes Führungszeugnis 
  • Bescheinigung über beantragte Auskunft aus dem Gewerbezentralregister 
  • Bescheinigung des Amtsgerichts  zum Schuldnerverzeichnis 
  • Bescheinigung des Finanzamts  in Steuersachen 
  • Ausschnitt aus dem Stadtplan mit Lage Spielhalle 
  • amtlicher Lageplan zur Spielhalle  im Anwesen     
  • Aufstellung der Mitarbeiter mit Vollzeit und Teilzeit Standort Schwabmünchen

Soweit der Antragsteller eine juristische Person ist, werden weitere Unterlagen benötigt:

  • Gesellschaftervertrag mit Gesellschafterliste
    • Auszug aus dem Handelsregister
    • Kopien der Reisepässe der Geschäftsführer 

    Weitere Unterlagen können von der Genehmigungsbehörde nachgefordert werden


    Hinweis: der Unterrichtungsnachweis der IHK (München) gem. §§ 10 a und 10 b SpielV ist für jede Neuanmeldung eines Gewerbes ab dem 01.09.2013 erforderlich. Für vor dem 01.09.2013 angemeldete Gewerbe besteht Bestandsschutz